„Ich habe MentorMe gegründet, weil ich erkannt habe, egal zu welcher Zeit – ob damals, als ich in den Beruf eingestiegen bin, drei Jahre später, sieben Jahre später – Frauen die selben Hürden haben, die selben Schwierigkeiten zum Teil, und die selben Fragestellungen wie ich damals.“ Sagt Karin Heinzl, die früher für die FDP-Bundestagsfraktion gearbeitet hat.
Mentoring-Programme gibt es viele in Deutschland – meist richten diese sich an eine bestimmte Branche oder finden innerhalb von Unternehmen statt. MentorMe hat einen offenen Ansatz – sie wollen in allen Branchen vermitteln. Als Mentee bewerben können sich Studentinnen, Absolventinnen und „Young Professionals“ – also, Frauen, die am Anfang ihrer Karriere stehen. Cristin Gehrlein ist eine davon. Sie sagt:
„Es hat sich dann so ergeben, dass wir uns eigentlich alle drei Wochen getroffen haben. Dann haben wir so ein bisschen zusammen reflektiert über die letzten Wochen. Es war nie so, dass Isabella mit 20 Seiten PowerPoint ankam.“
Priorisieren – aber wie?
Nach einem Bachelor in Medienwirtschaft landete Cristin Gehrlein in Berlin. Dort musste sie entscheiden, wie es weitergeht: ein Volontariat oder einen Master anfangen? Gleichzeitig wollte sie auch ihrem Interesse an Politik nachgehen. Cristin Gehrlein hatte Probleme dabei, alles unter einen Hut zu bekommen. Dann traf sie durch MentorMe Isabella Neisinger.
„Ich erinnere mich, als du zu mir gekommen bist und gesagt hast: ‚Ich hab so viele Sachen, die ich mir anschaue, Veranstaltungen, wo ich gerade den Politikbereich kennenlerne. Und ich schaffe einfach nicht drei Veranstaltungen pro Abend. Was kann ich tun?‘“
Isabella Neisinger gab Cristin Gehrlein dann den Rat, sich einmal die Woche mit einem Tischkalender hinzusetzen und interessante Veranstaltungen zu priorisieren. So – mit einfachen Ratschlägen – klappt Mentoring auch, wenn die Berufswege von Mentee und Mentorin nicht 1:1 zusammenpassen. Isabella Neisinger hat lange in der Beratung gearbeitet, ist jetzt Referentin im Auswärtigen Amt. Cristin Gehrlein kann sich einen Job in einer Stiftung oder NGO vorstellen.
Nicht vorgeben, sondern bestärken
„Mentoring heißt nicht, jemand den Weg, den man gegangen ist, aufzuzeigen und vorzuzeigen. Sondern jemanden dabei zu bestärken, seinen eigenen Weg zu gehen,“ meint Neisinger.
An MentorMe schätzt Isabella Neisinger die Offenheit – dass ihr als Mentorin viele Freiheiten gelassen werden. MentorMe gibt einen Leitfaden vor. Wie genau das Mentoring mit Cristin Gehrlein abläuft, was besprochen wird, das konnten die beiden selbst entscheiden. So ging es zum Beispiel um politisches Engagement:
„Ich war immer politisch interessiert und hatte auch eine politische Meinung, aber ich hatte in der Vergangenheit immer das Gefühl, dass es hundert gute Gründe gibt, nicht in eine Partei einzutreten. Dann war der Moment gekommen, mit Isabellas Kick in den Hintern – jetzt trete ich ein, jetzt werde ich aktiv.“
Vertrauensvolle Gespräche helfen
Cristin Gehrlein engagiert sich nun ehrenamtlich in einer großen Partei. Nicht nur dabei hat sie Isabella Neisinger bestärkt. Sich im Job behaupten, Bewerbungen schreiben – das sind alles Sachen, die Cristin Gehrlein in der Vergangenheit nicht leicht fielen. Mit ihrer Mentorin konnte sie im Vertrauen darüber sprechen.
„Ich finde, wenn man in den Beruf startet, hat man ganz viele Ängste, was falsch zu machen: vielleicht die Kultur noch nicht zu kennen, zu viel zu sagen, zu wenig zu fragen. Das war was, was wir mit konkreten Situationen gemacht haben. Wenn Cristin gesagt hat – „Ich hab das bei der Arbeit, ich fühl mich da nicht so wohl”– da hab ich nachgebohrt, worum geht’s eigentlich und dann einfach auch bestärkt“, berichtet Neisinger.
Zufrieden mit dem Plan für die Zukunft
Nach einem knappen Jahr Mentoring fühlt sich Cristin Gehrlein sicherer in der Arbeitswelt. Und: Sie hat einen Plan für die Zukunft gefasst. Im Frühjahr beginnt sie einen Master und sucht sich dann einen Studentenjob im politischen Bereich.
„Ich habe einen Plan, ich habe einen Plan für die nächsten Jahre, mit dem ich zufrieden bin. Aber was vor allem gut war, ist, dass ich eine andere Sichtweise auf meine Zukunft insgesamt habe, weil Isabella mich einfach bestärkt hat.“