Steckbrief:
Maija Salvén
Head of Government Affairs bei Apple
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Maija, wer bist du?

Ich beschäftige mich mit Digitalthemen in Politik und Gesellschaft, ausserdem mit Gleichberechtigung und Feminismus. Gerne schaue ich bei diesen Themen Richtung Skandinavien.

Minds of MentorMe

ist eine Kampagne, mit der wir unsere diverse Community mit all ihren interessanten Persönlichkeiten sichtbar machen. Mentor*innen teilen hier offen und aufrichtig ihre Werte, Einstellungen und Erfahrungen und geben so Einblick, was sie im Inneren bewegt. Dazu haben wir einen Fragenkatalog, bestehend aus 47 Fragen, zusammengestellt, der das abdeckt, was unsere Mentees schon immer spannende Persönlichkeiten fragen wollten. Diese Fragen reichen von „Welche Werte treiben dich an?“ über „Wann zweifelst du an dir?“ bis hin zu „Was würdest du zu deinem 10-jährigen Ich sagen – und was lieber verschweigen?“ Unsere Mentor*innen haben aus diesem Fragen-Potpourri die für sich interessantesten Fragen für unsere Community beantwortet.

Was ist deine wichtigste Erkenntnis aus deinem Umgang mit Menschen (Menschenkenntnis)?

In Kritik, Vorwürfen oder Angriffen stecken immer mehrere Dimensionen. Und nur ein Teil davon hat mit dem kritisierten Verhalten zu tun. Wenn mich etwas am Verhalten anderer stört oder verunsichert, sagt es auch etwas über mich selber aus. Und umgekehrt genauso: was andere Dir vorwerfen hat oft mehr mit ihnen selber zu tun, als mit dem eigenen Verhalten. Also es spiegelt deren eigene Schwächen, Verhaltensweisen und Bedürfnisse. Daher versuche ich häufig erstmal gar nicht, oder nicht nur, Kritik und Stresskommunikation und provozierende Auslöser auf mich zu beziehen, sondern zu verstehen, worum es eigentlich bei der Person selber geht; was dahinter steckt. So kann ich vermeiden in unnötige Konflikte oder Kommunikationsmuster zu gehen.

Welche Frauen inspirieren Dich?

Mich inspirieren: Frauen, die nicht nur im Rahmen ihren Gelernten bleiben, sondern neue Verbindungen ziehen: gedanklich, praktisch, digital; Frauen die Dinge selber auf die Beine stellen, weil sie etwas wichtig finden, das es bisher aber noch nicht gibt; Frauen, die nicht darauf warten, dass man ihnen Macht zugesteht, sondern die durch ihr Handeln Macht generieren und gestalten; Frauen, die nicht den Erwartungen anderer entsprechen wollen, sondern die einfach sie selbst sind; Frauen, die die Grenzen ihres Umfelds – häufig ungerechte, unsinnige Grenzen – überwunden haben, und diesen Erfolg als Beispiel für mutiges, zielstrebiges, unbeirrbares Handeln anderen Frauen zur Verfügung stellen; Frauen, die in allen möglichen Situation die Stärke haben zu sagen „nein, ich bin nicht einverstanden“.

Wie wirst Du dich in Zukunft für Chancengerechtigkeit einsetzen?

Ganz konkret werde ich das von mir mitgegründete Netzwerk für Politikberaterinnen, de’ge’pol W, gemeinsam mit den anderen klugen und engagierten Mitgründerinnen weiterentwicklen. Dort geht es darum, im Umfeld der politischen Interessenvertretung die Frauen und ihre Ansätze in der Beratung sichtbarer zu machen, und damit das Verhältnis von Politik und Gesellschaft/Wirtschaft neu zu prägen. Darüber hinaus bereite ich gerade aktiv Engagement in zwei Richtungen vor: Diversity (Schluss mit dem Schubladendenken, nicht nur was die Dimension Frau angeht, sondern bessere soziale Durchlässigkeit insgesamt) und Digitale Ethik (unpassender Begriff, aber es geht darum die digitale Transformation zur Überwindung von Benachteiligung zu nutzen, nicht zu ihrer Verstärkung z.B. durch Algorithmen).

Was willst du am meisten auf der Welt hinterlassen, wenn du gehst?

Diese Frage beantworte ich aus ganz persönlicher Perspektive, weil es sonst so globalpolitisch wird. Ich habe keine Kinder, doch ich habe zwei Nichten und einen Neffen. Ich würde mir wünschen, dass sie in schwierigen Situationen an mich denken, so im Sinne von „welche Frage würde mir Maija nun stellen“, und sie so zu einer Lösung, oder zumindest zu einem nächsten Schritt finden. Dass sie im Andenken an mich, und wie ich mein Leben gelebt habe, Mut und Inspiration finden. Und dass ihnen auch etwas einfallen würde, was ich beobachtet hätte und sie damit zum Lachen gebracht hätte.

Welchen Rat würdest du deinem Jüngeren ich heute geben?

Meinem jüngeren Ich würde ich zwei Empfehlungen mitgeben. 1) Verlasse Dich nicht nur auf Deine Intelligenz und Deine Leistung. Im besten Fall sind diese zwar nützlich, reichen aber nicht aus. Gib Netzwerken, Taktik, dem Gesamtzusammenhang mehr Raum, aber ebenso auch kreativen Umwegen  2) Emanzipiere Dich von dieser unsäglichen, typisch deutschen Pflege der Unverzeihlichkeit, die eine konstruktive Fehlerkultur verhindert. Hab Mut zum Ausprobieren, und zum Scheitern. Scheitern ist kein Ende; ein Fehler ist kein ewiger Makel, der Deine Existenz in Frage stellt. Stattdessen: try and fail; then try again and fail better!

Was war dein Tiefpunkt in deinem Leben und welche Stärken hast Du daraus entwickelt?

Ich habe zuerst Jura studiert, doch fand überhaupt keinen Zugang zum Stoff und seiner Didaktik, noch zu meinen Mitstudierenden. Ich war richtig abgeschreckt von der berechnenden Herangehensweise vieler an eine juristische Karriere. Ich war kreuzunglücklich, verunsichert, und habe an meinen Fähigkeiten gezweifelt. Ich habe drei Semester gebraucht um zu verstehen dass dieses Studium einfach nicht zu mir passt; dass ich es nicht durchziehen muss um mir irgendetwas zu beweisen oder eine Karriere zu sichern. Ich verstand, dass mein innerer Kompass wichtiger war als die externen, scheinbar objektiven Kriterien; dass ich nur erfolgreich sein kann, wenn ich meinem Interesse und meiner Überzeugung folge, auf eine Art und Weise, die meinen Werten entspricht. Diesem Kompass habe ich gelernt zu vertrauen, auch wenn in Situationen, in denen ich kein Beispiel und keine Anleitung und kein Ziel sehe. Erfolg ist nur dann Erfolg, wenn er auch zu Zufriedenheit und Einklang mit den eigenen Werten führt.

Vielen Dank für deine Bereitschaft und Offenheit!

Weitere Interviews mit anderen spannenden Persönlichkeiten aus der MentorMe Community findest du in unserem Blog. Viel Freude beim Eintauchen in das, was uns ausmacht. ?